Überfüllte Ambulanzen und grassierender Personalmangel einerseits, vermehrte Vorsorge andererseits fordern ein Umdenken im österreichischen Gesundheitswesen, das der Bund unterstützt. Bereits das Primärversorgungsgesetz aus dem Jahr 2017 sah eine Stärkung der wohnortnahen Gesundheitsversorgung durch den Aufbau sogenannter Primärversorgungszentren vor, doch aktuell hinkt die Umsetzung hinterher.
Umso wichtiger sind zusätzliche private Initiativen beim Aufbau solcher Zentren, welche die Transformation im Gesundheitswesen unterstützen. Dazu braucht es Visionäre, wie es Franz Holler und Dr. med. Rafael Pichler sind, die für das, ohne jegliche öffentliche Förderung realisierte Gesundheitszentrum (GZ) St. Pölten verantwortlich sind. Dazu braucht es aber auch kompetente Partner:innen, die die komplexen Anforderungen in die entsprechende Infrastruktur übersetzen.
Franz Holler, Geschäftsführer der Medlog, eines der größten Medizin-Logistik-Unternehmen Österreichs, hatte bereits Anfang der 2000er Jahre St. Pölten als Standort gewählt und bei der Entwicklung seines Firmensitzes mit uns zusammengearbeitet. Jetzt, wo es um die Schaffung des neuen Gesundheitszentrums ging, holte er uns wieder als Projektmanager:innen ins Team.
Sowohl das Medizinlogistikunternehmen Hollers als auch das von Rafael Pichler geleitete, nahegelegene Primärversorgungszentrum (PVZ) platzte aus allen Nähten. So entstand die Idee eines Neubaus gleich neben dem Bestand. Aber der Innovationsgedanke ging noch weiter: Ein umfassendes Service-Zentrum im Dienste der Gesundheit sollte entstehen, das zahlreiche Kompetenzen unter einem Dach vereint. Labor, Wahlärzt:innen und Facharztordinationen, Apotheke und auch einen Seminarbereich – so werden Wege gespart und Synergien geschaffen.
Ein Konsortium, PHC – Primary Health Care Service GmbH, war schnell gebildet, um die Immobile Realität werden zu lassen. Die Vision des multiprofessionellen und bestens vernetzten Zentrums stand klar im Raum. Für die Umsetzung solch einer komplexen Gesundheitsimmobilie braucht es Kompetenz und Erfahrung, die wir durch Projekte wie das Zentrale Verwaltungsgebäude der Sozialversicherung und das Digitale Informationsmanagement im Allgemeinen Krankenhaus (AKH) in Wien ebenso wie die Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein überzeugend einbringen konnten.
So waren wir von der Strategieentwicklung an mit im Team und übernahmen die Ausarbeitung und immer weitere Detaillierung der künftigen Strukturen und Organisationen der vielfältigen Raumfunktionen. Dies mündete dann in einem entsprechenden Briefing für einen Architekturwettbewerb. Ziel war es, dafür zu sorgen, dass die künftige Infrastruktur das neue Zusammenwirken der unterschiedlichen medizinischen Fachleute und naher Professionen optimal unterstützt.
Komplexen Immobilien wird oft größtmögliche Flexibilität abverlangt. Im GZ St. Pölten hieß das aufgrund der großen Nachfrage schon während der Planungsphase laufende Adaptierungswünsche bis hin zur Aufstockung. Auch eine gewisse funktionale Offenheit bis zur endgültigen Vermietung der Räume war gefordert, wobei die Nutzung von den Fachärzt:innen bis zum Fitnesszentrum und OP-Saal reicht, und reversible Strukturen für variable Praxisgrößen gefordert sind. Das Mieter: innen-Management war eine entsprechende Herausforderung, doch sämtliche Spezialfunktionen konnten zur Zufriedenheit adaptiert werden.
Von der großen Nachfrage war schon die Rede. Aus den ursprünglich geplanten 4.000 m² waren 13.000 m² geworden und die anfangs geplanten vier Geschoße erhielten eine Aufstockung, um das multiprofessionelle Angebot für täglich bis zu 2.000 Patient:innen unterzubringen. Über einen zentralen Vorplatz betritt man die Eingangszone mit direktem Zugang zum Primärversorgungszentrum, das mit seinen 14 Ordinationsräumen für 19 Kassen- und Kinderärzt:innen die Bedürfnisse der Patient:innen mehr als deckt und durch Café und Apotheke ergänzt wird.
Und was findet sich sonst noch in diesem "One-Stop-Shop" der Gesundheit? Einen Stock höher hat sich das medizinisch-diagnostische Labor, das dank Vollautomatisierung und einem Output von 800 Proben pro Tag zu einem Vorreiter der Labortechnik in Österreich zählt, angesiedelt. Darüber ein Facharztbereich samt physikalischem Zentrum, das Fitness- und Therapieräume umfasst. Im letzten Obergeschoß dann das Wahlarztzentrum für mehr als 15 Arztpraxen inklusive Tagesklinik mit zwei Operationssälen. Ein beeindruckend multifunktionales Angebot ist hier versammelt, für das wir die jeweils optimale Infrastruktur entwickeln konnten.
Und wie gesund ist das Gesundheitszentrum selbst? Die ökologische Bauweise spricht für sich – von der Photovoltaikanlage, dem ressourcenschonenden Heiz- und Kühlungssystem durch Grundwasserpumpe, Dämmung und Flächenheizung, über den Einsatz nachhaltiger Materialien bis hin zur besucherfreundlichen Freiraumgestaltung und die Anbindung an den öffentlichen Verkehr – und trug zu Recht zur Erlangung der klimaaktiv-Zertifizierung bei.
Noch ein Gesundheitsthema hat das Gesundheitszentrum unmittelbar beeinflusst, fiel doch die Ausführung genau in die Hochzeit der Covid-Epidemie. So kam es zwar zu Hindernissen und Verzögerungen bei der Umsetzung, dank effizienter Kosten- und Terminsteuerung jedoch ohne Auswirkungen auf Fertigstellung und Kosten.
Gesund geht’s auch weiter mit dem Gesundheitszentrum 2 gleich nebenan, das bereits in den Startlöchern steht und ebenfalls mit uns realisiert wird. Hier wird jedenfalls ein Röntgeninstitut Platz finden und es wird den Grundstock für die nächste Ausbaustufe auf dem Weg zum Medizincampus bilden.