Gerhard Filzwieser: Unsere Organisation nennt sich „Wurzeln & Flügeln“. Es ist ein Sinnbild einer Organisation als lebendes System. Die dauerhaften und nachhaltigen Elemente werden durch die Wurzeln symbolisiert und die Flügeln sind das Element für Freiraum, Individualität und Flexibilität. Es ist eine stark durch die Unternehmensidentität und die -werte geprägte Kultur, die einen Raum bietet, in dem jede bzw. jeder sie oder er selbst sein darf und soll – ohne Rollenmasken – und wo persönlicher Sinn im Vordergrund steht. Die Organisation setzt dabei auf Eigenverantwortung und Selbstorganisation.
Filzwieser: Zu glauben, wir können Zukunft planen und kontrollieren, ist eine Scheinsicherheit. In meinen Augen ist es sogar ein völlig falsches Paradigma, an dem wir in der Wirtschaft bis heute festhalten. Ja, gewohnte Kontrolle abzugeben, loszulassen, zu vertrauen erfordert eine andere innere Haltung. Eine Haltung, die man vermutlich nicht mit dem Verstand verändern kann, eine Haltung, die vergleichsweise mehr Intuition und Gefühl erfordert. Es braucht innere Kraft und Sicherheit, um Herausforderungen auf sich zukommenzulassen und immer wieder gute Antworten darauf zu finden. Loszulassen heißt auch sich von „Nullfehlerkulturen“ zu verabschieden. Im Gegenteil: Fehler sind Erfahrungen – sie zeigen was nicht funktioniert und ermöglichen es, schnell bessere Wege zu finden.
Filzwieser: Mir selbst hat das Bewusstsein geholfen, dass sich das Alte – die gewohnten Paradigmen – nicht mehr richtig anfühlt. Ich hatte schlichtweg keine Freude mehr damit. Das Richtige zu tun und Sinn darin zu finden, erzeugt den notwendigen Mut. Die ersten MitarbeiterInnen, die dem neuen Weg gefolgt sind, waren mutig, weil sie gleich die andere Qualität gespürt haben. Potenzialentfaltung kann nur ohne hierarchische Barrieren stattfinden! Unser Weg ist ein Weg in den Fluss der Veränderung – eine Reise ohne definiertem Ende. Mut ist somit ein notwendiger Dauerbegleiter. Aber er ist auch für einige eine bleibende große Herausforderung, das gilt es einfach anzuerkennen. Positive Veränderungserfahrungen zu machen hilft aber natürlich. Auch darüber werden wir beim Culture Jam offen reden.