Ein Kreisdiagramm, basierend auf einer Umfrage unter mehr als 5.000 Teilnehmenden aus verschiedenen Projekten, liefert folgende Erkenntnisse: Wenn man von einem Unternehmen mit 110 Mitarbeitenden ausgeht, befinden sich im Schnitt weniger als ein Viertel an ihren Schreibtischen im Büro. Der Trend zum Homeoffice bringt mit sich, dass viele Mitarbeiter:innen für analoge Meetings, wie Team-Jour-Fixes oder Netzwerken und Austausch ins Büro kommen, wodurch die Nutzung von Schreibtischen über den Tag hinweg abnimmt. Tätigkeiten der Einzelarbeit wandern eher ins Homeoffice. Betrachtet man die Nutzung des Schreibtisches verteilt auf eine 40-Stunden-Woche, kommt man auf eine Belegung von 25 %. Unter Einbeziehung der Wochenenden ist ein Schreibtisch im Büro lediglich zu 5 % seiner Zeit in Gebrauch.
5.557 Teilnehmer:innen, 25 Projekte, Zeitraum 03/2022 - 03/2023
Eine Verringerung der Schreibtischanzahl kann erhebliche Einsparungen bei Miete, Betriebs- und Baukosten nach sich ziehen. Trotzdem muss das Büro ein attraktiver, oder sogar noch attraktiverer, Arbeitsort sein, um im heutigen Wettbewerb mit dem Homeoffice bestehen zu können.
Auf Basis der nächsten Grafik haben wir einen einfachen Flächenvergleich vorbereitet für die 110 Mitarbeiter:innen aus dem Beispiel1:
Obwohl laut dem Tätigkeitsprofil aus unserem Beispiel eine Desk-Sharing-Quote (DSQ) von 0,34 (inklusive Reservefaktoren) möglich wäre, haben wir uns für eine konservativere Rate von 0,5 entschieden. Dies ermöglicht es nicht nur, potenzielles zukünftiges Wachstum zu berücksichtigen, sondern auch anfängliche Bedenken bei Mitarbeitenden zu mildern und somit eine höhere Akzeptanz sicherzustellen. Bei der aktuellen Belegung laut Grafik würden alle 46 anwesenden Personen ausreichend Schreibtisch-Arbeitsplätze vorfinden, zusätzlich zu anderen Arbeitsmöglichkeiten und Besprechungsräumen. Die Einführung neuer Arbeitswelten hält nicht nur eine breite Palette an Arbeitsmöglichkeiten bereit, sondern optimiert auch die Flächennutzung und führt zu einer Reduktion der Bürogröße um ein Drittel, was ebenfalls die damit verbundenen Errichtungs- oder Miet- und Betriebskosten senkt.
Die folgenden Grafiken veranschaulichen:
Während die Anpassung der Desk-Sharing-Quote und die Optimierung der Bürofläche konkrete Schritte zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung darstellen, öffnet sich zugleich ein Dialog über die tiefergehende Bedeutung von Schreibtischen und deren Symbolik im Arbeitskontext.
Der Schreibtisch repräsentiert weit mehr als eine bloße Arbeitsmöglichkeit. Abhängig von seiner Größe und ob er sich in einem offenen Raum oder einem Einzelbüro befindet, symbolisiert er auch Status und Macht. Selbst in digitalen Parallelwelten, wie beispielsweise in GatherTown dargestellt, behält der Schreibtisch seine Bedeutung.
Neben der spielerischen Interaktion auf solchen Plattformen gibt es weitere Maßnahmen Mitarbeiter:innen im Homeoffice zu unterstützen: Bereitstellung von Arbeitsmitteln wie Bildschirmen, ergonomischen Stühlen, etc., Beiträge zu Internetkosten, das Angebot von Ökostromtarifen und sogar Essenslieferdienste aus der Firmenkantine.
Das sind durchaus hilfreiche Ansätze, um den Arbeitsalltag im Homeoffice effizienter zu gestalten und spontane Abstimmungen auch remote zu gewährleisten. Wichtig ist, dass Mitarbeiter:innen, die von zuhause aus arbeiten, weiterhin Wertschätzung und Zugehörigkeit vermittelt werden, sei es durch Incentives wie diese oder andere Formen der Kulturschaffung.
Im Zuge unseres Webinars „Mind:shift – Arbeit neu denken“ erörterten wir unterschiedliche Aspekte von neuen, nachhaltigen Arbeitswelten gemeinsam mit der Verhaltensbiologin und Evolutionspsychologin Elisabeth Oberzaucher, Universität Wien, und Babette Grabner, Studiengangsleiterin Gesundheits- und Krankenpflege der FH Salzburg, die ein hervorragendes Best-Practice-Beispiel aus dem Fachhochschulbereich präsentierte.
Zusätzliche Abstimmungen oder formelle Konventionen sind überflüssig, solange räumliche oder hierarchische Strukturen bestehen. Fehlen diese Strukturen jedoch, kann es zu Unklarheiten bei Regeln und Verhaltensstrategien führen. Ein entstehendes Vakuum verstärkt das Konfliktpotenzial erheblich, so die Expertin. Dies erfordert im Büroalltag einen erhöhten Kommunikationsaufwand und eingehende Diskussionen über die Grundprinzipien der Beziehungen am Arbeitsplatz. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten gemeinsam die Richtlinien entwickeln, und diese im Laufe der Zeit regelmäßig anpassen und reflektieren.
Bei der Gestaltung neuer Arbeitsflächen, in denen Arbeitsplätze und -möglichkeiten geteilt werden, ist es wichtig, die Anzahl der Nutzer:innen im Auge zu behalten. Eine optimale Gruppengröße, die von Nähe und Vernetzung profitiert, liegt bei etwa 30-50 Personen. Diese Größenordnung hat sich auch in unseren Kundenprojekten oft als ideal für die Bildung von sogenannten Homebases, Abteilungen oder Teams erwiesen, die sich gemeinsame Arbeitsbereiche teilen.
In einer Arbeitsumgebung ab 150 Mitarbeitenden ist die Einführung formellerer Strukturen erforderlich, um eine funktionale Organisation zu gewährleisten. Ein Beispiel dafür sind Buchungssysteme für Arbeitsplätze.
Flächenreduktion ist eher als (Neben-)Ergebnis des Prozesses zu betrachten, als primärer Ansatz neuer Arbeitsumgebungen steht die optimierte Nutzung und der Zugewinn an vielfältigen, auf die Tätigkeit abgestimmten Arbeitsmöglichkeiten und die dadurch gewonnene Flexibilität im Vordergrund.
Doch die Einführung von Desk Sharing schafft oft die Befürchtung, dass Mitarbeiter:innen sich entpersonalisiert fühlen könnten. Elisabeth Oberzaucher erläutert, wie persönliche Wertschätzung in solch einer Arbeitsumgebung gelingen kann:
Sie sollte nicht an der Größe des Schreibtisches festgemacht werden. Aktuell sind unsere Denkweisen durch die Pandemie weiter fortgeschritten als die vorhandenen Strukturen, welche nur langsam nachziehen. Die Arbeitsweisen haben sich bereits an die Post-Corona-Realität angepasst, während strukturelle Anpassungen und kulturschaffende Prozesse erst allmählich erfolgen.
Die Art Mitarbeiter:innen zu führen muss sich zudem weiterentwickeln: Hierarchien werden flacher, Einzelbüros seltener, Schreibtische kleiner und weniger, und Büros leerer. Eine Entwicklung von Kontrolle zu Vertrauen beziehungsweise von Arbeitszeit zu Arbeitsergebnis ist unumgänglich.
Wie kann Führung unter diesen Bedingungen noch effektiv gestaltet werden? Wie gestaltet man als Führungskraft Teamzusammenhalt, in Zeiten in denen sich Mitarbeiter:innen nicht täglich oder sogar nur wöchentlich im Büro begegnen? Wie organisiert man soziales Zusammenkommen und schafft Orte der Verbundenheit?
Ein Ansatz ist Mitarbeiter:innen als Mit-Gestalter:innen in den Mittelpunkt zu stellen. Das steigerte bei der FH Salzburg das Wohlbefinden der Betroffenen erheblich. Im Vordergrund war nicht die Sorge um die Anzahl der Schreibtische, sondern die Aufmerksamkeit auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer:innen und die Vorfreude auf die vielfältigen Arbeitsmöglichkeiten.
Mehr Identifikation der Angestellten schaffte die FH Salzburg durch die Einbindung der Mitarbeitenden im Gestaltungsprozess und auch mit Kleinigkeiten: Besprechungsräume benannte man beispielsweise nach Heilpflanzen:
Angesichts des Fachkräftemangels und des Phänomens von „Quiet Quitting “* ist es entscheidend, sich als Arbeitgeber:in zu differenzieren und den aktuellen Mitarbeiter:innen Anerkennung und Vertrauen zu schenken statt Schreibtischen. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass ihre Bedürfnisse Beachtung finden und sie aktiv in die Gestaltung ihrer Arbeitsumgebung einbezogen werden – ein Schlüsselelement für den Erfolg bei der Umsetzung von Veränderungen.
Gleichzeitig gewinnen die Bedürfnisse unseres Planeten für viele Mitarbeiter:innen zunehmend an Wichtigkeit. Personen mit einem Lebensstil, der auf Gesundheit und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist, machen einen entscheidenden Anteil der heutigen und künftigen Arbeitskräfte aus und prägen die Arbeitswelt nachhaltig. Um auch in Zukunft für diese Gruppe attraktiv zu sein, ist es essenziell, sowohl ökonomische als auch ökologische Ziele zu verfolgen, und schon heute Haltung zu zeigen und aktiv Flächen zu reduzieren und optimaler zu nutzen.