Bereits Mitte 2019 hatten wir den kulturellen Wandel bei der Deutsche Bahn (DB) Personenverkehr vorbereitet. Im Rahmen einer sogenannten „Expedition“ wurden die kulturellen Voraussetzungen für das neue Arbeiten mit ca. 50 freiwilligen MitarbeiterInnen der DB bearbeitet. Ergebnis war die Sensibilisierung der Organisation für das neue Arbeitskonzept und ein von den Teilnehmenden erarbeitetes Tool-Set, das zur Vorbereitung der Teams herangezogen werden konnte.
Anfang 2020 wurden die Führungskräfte und ihre MitarbeiterInnen informiert, dass ab April die eigentliche Auseinandersetzung mit der neuen Arbeitsumgebung in zielgruppenspezifischen Workshop-Serien beginnen würde. Die Führungskräfte hatten die Aufgabe Mitarbeitende zu nominieren, die als „Change Agents“ in die Rolle der MultiplikatorInnen schlüpfen und gemeinsam mit ihnen die Teams durch die Transformation begleiten würden.
Vor einem Jahr galt es die oben genannten Change Agents derart fit zu machen, dass sie in den verbleibenden acht Monaten bis zum Umzug ihre Teams bestens auf ihre neue Arbeitswelt einstellen können. Sie sollten, angeleitet durch uns, mit ihren KollegInnen in einen intensiven und konstruktiven Dialog treten, deren Bedenken abfedern und in ihren Teams für Neugierde und Vorfreude auf das neue Arbeitsplatzkonzept sorgen. Wir hatten geplant mit ihnen intensive Auseinandersetzungen mit der anzunehmenden Rolle und den eigenen Widerständen, Sessions für ein weitreichendes Verständnis der Raumpläne und noch Einiges mehr durchzuführen. Unser Fokus sollte der intensiven Diskussion und Reflexion gelten.
Für die vielen Workshops waren bereits große Räume, jede Menge Metaplanwände und Moderationskoffer reserviert, Einladungen verschickt und Flüge gebucht worden.
Soweit der Plan – Stand März 2020. Und dann kam der Lockdown. Von einem Tag auf den anderen: Homeoffice. Sowohl bei unserer Kundin als auch bei uns. Innerhalb weniger Tage war uns und unserer Auftraggeberin klar, dass wir ganz schnell umdisponieren müssen. Der Bau würde sich hoffentlich nicht verzögern, der Umzug der MitarbeiterInnen damit auch nicht, aber: Reisen und analoge Workshops würden aller Voraussicht nach nicht möglich sein. Unsere Lösung: Kompletter Schwenk auf virtuelle Arbeitsweise und Online-Workshops, und zwar innerhalb kürzester Zeit.
Challenge accepted. Eine M.O.O.CON-interne Task Force nahm sich der Herausforderung an. Binnen weniger Wochen hatten wir es geschafft, nicht nur mit verschiedensten Video-Conference-Systemen umzugehen, sondern auch eine Vielzahl an Tools in unsere Workshops zu integrieren und unsere KundInnen auf diese Reise mitzunehmen. Denn für uns war eines völlig klar: Den hohen Anspruch an Interaktivität und Engagement, den wir in unseren Projekten haben, möchten wir mit aller Kraftauch in unseren Online-Workshops aufrecht halten. Denn: Die intensive Auseinandersetzung mit dem künftigen Arbeiten sorgt letztlich dafür, dass MitarbeiterInnen sich Schritt für Schritt mit ihrem neuen Arbeitsumfeld identifizieren und damit zu echten BotschafterInnen werden.
Mit dem Rückenwind der allgemeinen Situation rund um Corona, die für hohe Lernbereitschaft bei zugleich hohem Toleranzniveau gesorgt hat, haben wir unsere KundInnen von Anfang an mit interaktiven digitalen Arbeitssituationen regelrecht herausgefordert. Gnadenlos haben wir virtuelle Whiteboards eingesetzt, wie die Weltmeister digitale Post-its produziert, hingebungsvoll mit Icons das Aussehen und die Anmutung der neuen Arbeitswelten geplant und virtuell gemeinsam Wände und Raummodule verschoben. Zwischendurch haben wir Videos und Votings eingestreut, um Wachmacher bzw. schnelle Abfragen zu ermöglichen, unsere KundInnen in Kleingruppen geschickt, um sie selbstorganisiert diskutieren zu lassen, Emotionen und Stimmungen eingefangen und bei aller Aktivität nie darauf vergessen, streng und verlässlich die Struktur und Taktung des geplanten Online-Workshops einzuhalten.
Oberste Devise war für uns: Bloß nicht in den Modus „frontaler Input und Consumer-Haltung“ verfallen, sondern gerade jetzt: engagierte und aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Zukunft mit Hilfe unserer Moderation und unserer digitalen Kompetenz.
Ein Jahr später ist es an der Zeit Bilanz zu ziehen und dabei zeigt sich durch die Bank: Unsere KundInnen haben sich nicht nur auf die neue Arbeitsweise und alle dazugehörigen Tools eingelassen, sie haben geradezu begeistert mitgemacht.
Nicht nur einmal brachten die TeilnehmerInnen unserer Workshops das Erstaunen darüber zum Ausdruck, dass wir trotz oder gerade wegen der virtuellen Workshops so intensiv und konstruktiv zusammenarbeiten konnten. Es erreichte uns Begeisterung hinsichtlich der vielen lebhaften und qualitätsvollen Gespräche, die über die gemeinsame Zukunft geführt wurden. Und auch unsere Hartnäckigkeit, was das Einschalten der Kamera angeht, wurde häufig zustimmend goutiert.
Rückblickend können wir feststellen, dass jede und jeder Einzelne für sich und zugleich wir als Team bei M.O.O.CON und gemeinsam mit unseren KundInnen im hinter uns liegenden ersten Pandemie-Jahr einen Riesenschritt in Richtung zukunftsfähige Formen der Kommunikation und Interaktion gemacht haben. Mein Team und ich haben in den Wochen des ersten Lockdowns hochmotiviert und in kürzester Zeit gemeinsam an der Wiederherstellung unserer Arbeitsfähigkeit gearbeitet und haben uns damit Kompetenzen angeeignet, die unsere Arbeitsweisen und künftige Zusammenarbeit nachhaltig verändern werden. Heute integrieren wir mit einer Selbstverständlichkeit virtuelle Kommunikation und Kollaboration in unsere Arbeitsabläufe. Und wir wissen alle: das ist erst der bescheidene Anfang. Die Art des Arbeitens nach Corona wird sich deutlich von jener vor Corona unterscheiden und das ist in vielerlei Hinsicht gut so!
Den Flieger zum Workshop werde ich künftig seltener in Anspruch nehmen.