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Raum wirkt! Immer. Auf Unternehmen und Umwelt.

Gebäude wirken immens auf die Menschen und Organisationen, die sie nutzen (oder von außen betrachten). Sie können Game-Changer, Influencer und regelrechte Managementwerkzeuge sein, sofern sie richtig und richtungsweisend eingesetzt werden. (Im gegenteiligen Fall gefällt mir der oft genutzte Begriff des Showstoppers ganz gut.) Auch aus diesem Grund stellen Unternehmen und Organisationen ihre herkömmlichen, bis dato genutzten Büros auf den Prüfstand. Qualitativ und quantitativ. Nach dem Motto „It’s time to change. Let´s manage it."

Essay in drei Teilen

Tobias Baur, M.O.O.CON Experte für zukunftsfähige Arbeitswelten in Frankfurt, befasst sich in dieser dreiteiligen Reihe mit den Einflussfaktoren, die auf unsere bzw. Ihre Büros wirken. Corona ist ein Influencer, aber es gibt auch andere, die es erforderlich machen, die eigene Bürolandschaft qualitativ und quantitativ zu überprüfen.

  • Lesen Sie in diesem 1. Teil des Essays warum Büros kein Selbstzweck sind. Und zwar weder für Krisengebeutelte noch für KrisengewinnerInnen oder für jene, die noch nicht entschieden haben was sie aus dem Pandemiejahr mitnehmen.

  • Im 2. Teil geht es um einen noch nie in dieser Dynamik dagewesenen Umbruch der Arbeitsgewohnheiten und Strukturen

  • Und im 3. Teil zeigen wir auf warum und wie Raum wirkt. Und zwar immer. Auf Unternehmen und auf ihre Umwelt.

Wir haben uns nun vor Augen geführt, dass Unternehmen und Organisationen aus den unterschiedlichen Gründen einen Handlungsbedarf haben. Zu offensichtlich sind die Zusammenhänge zwischen den Menschen und Organisationen, die für die Verrichtung ihrer Aufgaben Gebäude als Arbeitsorte nutzen, und den Einflüssen von außen oder innen, die auf die wirtschaftliche Situation, Strukturen und Verhalten oder den notwendigen kulturellen Wandel von Unternehmen drücken, ausgeliefert sind.

Bei der Beurteilung von Büros als notwendige Infrastruktur sind die Quantität und die Qualität, Investitionen und Kosten für Miete oder Betrieb, Verfügbarkeit (Stichwort Flexibilität) und zu guter Letzt die Wirkung auf die Umwelt entscheidend: Bedarf, Machbarkeit, Verantwortung.

 

Die Krisengebeutelten

Für viele von der Corona-Krise hart Getroffenen spielt die pure Quantität genutzter Flächen die größte Rolle. Wird Fläche als reiner Kostenfaktor betrachtet, drängt sich die Frage nach der Größe der Flächen und des Portfolios in den Vordergrund. Befeuert durch die schwierige wirtschaftliche Situation, möglicherweise gepaart durch Abbau von Personal, aber zumindest mit einem deutlich erhöhten Anteil an Home Office-Tätigkeiten, MUSS die Quantität von Fläche geprüft werden. Zunächst ergebnisoffen, allerdings mit großem Druck, ist es doch das vorrangige Ziel, Kosten zu reduzieren. Ein bei einem großen Mobilitätsunternehmen für Corporate Real Estate Verantwortlicher hat mir berichtet, dass alles, was früher für „Unterstützung und Förderung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ für richtig und wichtig betrachtet wurde, dem Erhalt des Unternehmens zu opfern ist. Das Unternehmen befindet sich im Überlebensmodus. Nichts anderes.

 

Die Stabilen

Befinden sich Unternehmen oder Organisationen in einer wirtschaftlich stabilen Situation, ist eine quantitative und qualitative Überprüfung der genutzten Fläche gerade dann Routine. Es gehört zum Job jedes Corporate Real Estate Managers, den Bedarf des Nutzers zu kennen, zu antizipieren und seine Deckung wirtschaftlich und effektiv sicher zu stellen. Bei der Routineprüfung der Übereinstimmung von Bedarf und dessen Deckung stehen Quantität und Qualität auf einer Ebene. Beides ist in hohem Maße relevant und sollte in Einklang stehen.

Um die Frage der Quantität gut beantworten zu können, ist es unumgänglich, die Art der Nutzung genau zu kennen. Sinn und Zweck - darum geht es. Das klingt banal, ist es allerdings nicht unbedingt. Wie wir wissen, sind Unternehmen und Organisationen lebendige Konstrukte. Und genauso „lebendig“ können Organisationsstrukturen, Arbeitsweisen und -prozesse sein. Von sozialen und kulturellen Aspekten ganz abgesehen. Nicht zuletzt deshalb sind Unternehmen einem laufenden Veränderungsprozess unterworfen, auf den das Corporate Real Estate Management reagieren beziehungsweise diesen antizipieren muss.

Doch nicht nur der Corporate Real Estate Manager ist gefragt. Denn: die Digitalisierung treibt die Unternehmen vor sich her. Sie verändert den Markt und dessen Geschwindigkeit und schafft dabei Chancen und Risiken, auf die die Unternehmen in allen Belangen reagieren müssen. Unternehmensstrategien, Geschäftsmodelle, Organisationsstrukturen, Kompetenzen werden neu gedacht. Organisationsentwickler, HR-Leiter, CIOs und CDOs müssen daher auf der Hut sein und ihre Veränderungsprozesse treiben.

Ähnliches gilt auch für den Raum. Denn dieser soll, nein, ermuss passen, um wirksam zu sein. Sämtliche Merkmale moderner Büroarbeit müssen sich im Raum widerspiegeln und in sich vereinen: bestmögliche Unterstützung für analoges und digitales Arbeiten, konzentrieren - kommunizieren - erholen, gemeinsam oder allein, streng oder leger. Darüber hinaus gelten Raum oder Gebäude als Abbild der Organisation oder des Unternehmens, was die Identität desselbigen zum Ausdruck bringt. Kein einfaches Spielfeld. Der Einfachheit halber sei es als QUALITÄT einer Bürofläche subsummiert, womit klar ist: die Quantität und Qualität von Büros werden sowohl von den Verantwortlichen des Corporate Real Estate, der Geschäfts- oder Organisationsentwicklung, des Personalmanagements und der digitalen Transformation der Unternehmen auf den Prüfstandgestellt. Es gehört zu deren Aufgaben, auch eine räumliche Perspektive einzunehmen. Tun sie es nicht,vergeben sie Chancen und riskieren eine Entschleunigung des Kerngeschäfts.
 

Neues Arbeiten - mobiles Arbeiten - weniger Fläche

Was bedeutet das Zusammenspiel von Qualität und Quantität eines Büros nun für Unternehmen, die wirtschaftlich solide dastehen, sich aber mit erhöhten Abwesenheiten des Personals und dessen Auswirkungen auf die Auslastung von Büroraum befassen müssen? Und dies vor allem dann, wenn die hohen Abwesenheitsraten durch sogenanntes mobiles Arbeiten (3th Places) dazu führen, dass die eigene Unternehmenszentrale, die angemietete Dependance in der City oder die diversen Niederlassungen in der Peripherie schlicht verwaisen - oder zumindest so wirken? Experten halten diesen Zustand für nachhaltig, Studien untermauern dies. Je nach Studie kann derzeit davon ausgegangen werden, dass sich in deutschsprachigen Unternehmen der Anteil an Home Office-Tagen um 50% - 100% erhöht und so verbleiben wird. Somit scheint klar, dass der Flächenbedarf sich mittel- bis langfristig verringern wird. Um wieviel dies erfolgen wird, ist fallweise zu betrachten.

 

Was muss das Büro der Zukunft leisten?

Neben der Frage, wie viele Personen eines Unternehmens auf die zu betrachtende Bürofläche tatsächlich zugreifen, ist von größter Bedeutung, was die Personen tatsächlich tun, wenn sie ins Firmenbüro kommen. Warum verlassen Mitarbeitende das heimische Büro, um „ins Office“ zu gehen? Welchen Wert suchen sie, den der Heimarbeitsplatz nicht bieten kann? Auf der Hand liegt, dass diejenigen Aufgaben zuhause oder an anderen vergleichbaren Arbeitsorten erledigt werden können, die allein oder mit gezielter Kommunikation via Telefon- oder Videokonferenz und mit einer Standardausstattung an Arbeitsmitteln (Rechner, Bildschirm) von statten gehen. Beispiele können sein: konzentriertes Bearbeiten von Texten oder Kalkulationen, routiniertes Bearbeiten einfacher wiederholender Aufgaben, Recherche- oder Koordinationsaufgaben. Die Liste ließe sich fortsetzen, die Tendenz ist jedoch klar: Ganz eindeutig an die Grenzen kommt Telearbeit oder mobile Working immer dann, wenn kreativ, spontan, dialogisch, strategisch oder mit echtem Feuereifer gearbeitet werden soll. Das gelingt meiner Meinung nach am Home-Schreibtisch nicht – oder nur sehr bedingt und schon gar nicht jedem. Aber das Brennpunktthema der Produktivität im oder mit dem Home Office sei an dieser Stelle nicht weiter betrachtet. Es wird kontrovers diskutiert und wäre eines separaten Aufsatzes würdig. Außerdem ist wohl die Unternehmensproduktivität wichtiger als die des Einzelnen. Denn Verschlechterungen in der Zusammenarbeit und im Informations- und Wissensaustausch sind definitiv Bremser jeglicher Produktivität.

Nicht jeder Bürojob eignet sich fürs Remote-Working. Das bedeutet, es gibt Attribute der Arbeit, die fast nur im persönlichen Austausch mit Kollegen, Vorgesetzten, Freund oder Gast effizient erfolgen und Ergebnisse aussichtsreich erscheinen lassen. Ideen entstehen im Dialog, Wissen wird en passant vermittelt, Interesse wird beim gemeinsamen Kaffeetrinken geweckt. Einfälle passieren bei der Begegnung. Diese letztgenannten Situationen sind diejenigen, die Büros der Zukunft abdecken, fördern und herbeisehnen müssen. Dafür müssen sie funktional und atmosphärisch gestaltet sein. Sie müssen so attraktiv und schön und funktional praktisch sein, dass alles, was draußen nicht gut geht, im Office läuft wie geschmiert.
Darüber hinaus gibt es Weiteres, was überlebenswichtig für Unternehmen als soziale Gruppen ist: Büros sind Orte des sozialen Austauschs und der sozialen Entwicklung einer Einheit sowie des Einzelnen. Hier kommt es zu Bindungen zwischen Menschen und Unternehmen und den enorm wichtigen gemeinsamen Ritualen, eine gemeinsame Identität entsteht.

 

Arbeitsorte der Zukunft für Unternehmenserfolg mitentscheidend

Vorausschauende Managerinnen und Manager erkennen das und reduzieren Büros nicht auf Ergänzungsfläche zum Home Office sondern als zentralen Ort einer Unternehmung, die dann liefert! Und das, ohne exakt in Zahlen ausgedrückt zu werden. Die Qualität des Büros als Arbeitsort der Zukunft wird sich also an anderen Bedürfnissen der Menschen, die diese nutzen, festmachen, als es herkömmlich der Fall war. Sie muss die Menschen und seine Bedürfnisse als Teil eines Teams, welches von Kommunikation und Zugehörigkeit, Ideen und Inspiration, Reibung und Lob, lebt, befriedigen. Und die Tätigkeiten, die gemeinsam mit anderen erfolgen, bestmöglich unterstützen. Klassische Arbeitstischreihen gehören hierzu wohl nur noch in Ausnahmefällen. Ob die Balance zwischen Quantität und Qualität der Bürofläche zukunftsträchtig ist, gilt es von den Verantwortlichen zu prüfen und zu entscheiden.

Natürlich haben Unternehmen nicht erst in jüngster Zeit erkannt, welche Wirkung Raum auf Menschen hat. (Hobby-)Architekten und (Hobby-)Psychologen wissen das schon lange. Identität, Kultur und Haltung einer Organisation lassen sich durch Architektur und Design zum Ausdruck bringen und wirken daher nachhaltig nach innen und nach außen. Und eben diese Wirkung machen sich Unternehmen zu eigen, wenn sie Veränderungen - gemeint sind Langzeitveränderungen - forcieren wollen. Ein Unternehmen, welches sich (zukünftig) als High-tec- und High-Level-Unternehmen mit Umweltbewusstsein versteht, wird in einer drittklassigen, verstaubten, zerklüfteten und gestrigen Mietfläche samt Zellenbürostruktur kaum erfolgreich sein (lassen wir die Geschichten der Garagen-Start-ups mal außen vor). Oder: würden Sie bei einem Unternehmen arbeiten wollen, welches laut Internetauftritt Transparenz, Offenheit und Mut in seinen Werten verankert hat, Sie beim ersten Betreten des „Firmen-Office“ den Eindruck haben, vor lauter sicht- und spürbarer Tradition und Bewahrungshaltung wieder gehen zu wollen? Wahrscheinlich nö. Wenn der Juniorchef Ihnen aber beim ersten Kennenlernen davon berichtet, dass das räumliche Problem erkannt wurde, „es so nicht weitergehen könne“ und man darüber hinaus über eine „komplett andere, zu uns passende und ökologisch bewusste Arbeitsumgebung“ nachdenke, sind Sie vielleicht wieder im Spiel.

Soll heißen: Transformationen von Unternehmen lassen sich durch identitätsstiftende Gebäude und Arbeitsumgebungen forcieren. Ist die (meist durch Digitalisierung getriebene) Transformation für ein wissensgeprägtes Unternehmen unumgänglich, kann die Veränderung von Raum ein echter Impuls und ein wirksames Mittel zum Erreichen der Veränderungsziele bei gleichzeitiger Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung sein.

 

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