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Partizipative Bedarfsplanung: Grundstein für bestes Ergebnis und wirksamen Change Prozess

"Eine der modernsten und effizientesten Verwaltungen Europas werden…", das hatte die Salzburger Landesregierung als Ziel formuliert. 2020 starteten wir mit der Bedarfsplanung für über 1.200 MitarbeiterInnen aus 18 Abteilungen für  52.600 m² (NGF), deren Ergebnisse in den Architekturwettbewerb einflossen. Die partizipative Bedarfsplanung ist wesentlicher Teil des Change Prozesses, der optimal auf die neue Arbeitswelt vorbereiten soll. In bislang rund 80 Workshops mit über 200 AnsprechpartnerInnen wurde an den Anforderungen und deren Optimierung in der Planung gearbeitet.

Zwei Perspektiven, zwei Hauptfunktionen der Bedarfsplanung

Ziel ist es, hohe Qualität vereint mit hohem Wohlbefinden für die MitarbeiterInnen und KundInnen zu schaffen, ohne dabei die Kosten und damit den wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Geldern aus den Augen zu verlieren. Die MitarbeiterInnen sind aus diesem Grund auch seit Anbeginn intensiv in die Planungen miteingebunden.

Landeshauptmann Wilfried Haslauer

Bei der Bedarfsplanung werden durch gründliche und systematische Evaluierung die zusammenhängenden Werte und Fakten sowie die Bedürfnisse der AuftraggeberInnen-Organisation, der späteren NutzerInnen, also MitarbeiterInnen und KundInnen, sowie der betroffenen Öffentlichkeit analysiert und zusammenfassend in klare Zieldefinitionen übergeführt. Sie bestimmen den weiteren Fahrplan und stellen einen roten Faden auf dem Weg zum passenden Gebäude dar. Als erste Aufgabe galt es, das Briefing für den geplanten Architekturwettbewerb zu erarbeiten. Zu diesem Zweck bauten wir eine Struktur zur Einbindung der NutzerInnen auf. Mit ihnen gemeinsam erarbeiteten wir in einem mehrstufigen Prozess den Bedarf hinsichtlich Flächen und Funktionen. Die für alle Beteiligten verständliche Formulierung der komplexen Inhalte ist eine anspruchsvolle Vermittlungs- und Übersetzungstätigkeit.

Der Weg zum neuen LDZ © M.O.O.CON

 

Wie sah dieser Prozess der Bedarfsplanung konkret aus?

Zuerst erfolgte die funktionale Annäherung an das zukünftige Gebäude, wobei die Fokussierung auf grobe Kubatur und städtebauliche Aspekte hilfreich war. Auch wurden die ersten Flächenanforderungen festgelegt. Dabei half die Definition von zwei Hauptfunktionen: Der erste Bereich der zentralen Sonderflächen umfasste alle Nicht-Büro-Flächen wie Empfang und Bürgerservice, Event- und Konferenzräume, Labor, Mitarbeiterrestaurant und Kindergarten. Der zweite, flächenmäßig größte Teil, galt dem Bürobereich.

Funktionsschema zentrale Sonderflächen © Land Salzburg

 

Im Team mit dem Land Salzburg wurde der erarbeitete Bedarf in Funktionsschema und Flächenprogramm für die Sonderflächen sowie Planungssystematik und Qualitätsdefinition für die Bürobereiche übertragen. Dazu zählen grundsätzliche Fragen des Arbeitskonzeptes, da die Entscheidung für Zellenbüros oder eine Multi-Space-Bürostruktur nicht nur für die MitarbeiterInnen wichtig, sondern auch kostenrelevant ist.

Einige Ziele lauteten:

  • Bessere Servicequalität, schnellere Abläufe ganzheitliche Verantwortungsbereiche
  • Bedarfsgerechtes Arbeitsumfeld für die Mitarbeitenden des Landes
  • Energieeffizienz (Stichwort: „Klima+Energie 2050“) und Nachhaltigkeit
  • Flächenoptimierung
  • Flexibilität, Barrierefreiheit (Stichwort: „Design für alle“)
  • Ökonomische Umsicht im Umgang mit den öffentlichen Mitteln über den gesamten Lebenszyklus

NutzerInnen übernehmen unterschiedliche Rollen in der Bedarfsplanung

Es braucht also eine in intensive Auseinandersetzung. Dafür haben wir eine differenzierte Struktur mit drei NutzerInnen-Gruppen etabliert. Das aus Führungskräften bestehende „Team Arbeitsfeld Zukunft erarbeitete den strategischen Rahmen für das Bürokonzept, eine offene Arbeitswelt mit maximal 50 Prozent der Bürofläche in geschlossenen Räumen.

Die Teilnehmer_Innen des digitalen Moodboard Workshops © M.O.O.CON

 

Wir wollen moderne, zeitgemäße Arbeitswelten für unsere Landesbediensteten und der Trend geht nun einmal hin zu mehr offenen Arbeitswelten, mit entsprechend flexiblen, offenen Bereichen und Rückzugsmöglichkeiten, wenn man Ruhe braucht für konzeptive Arbeit. Ganz wichtig war uns dabei, dass innerhalb eines gewissen Rahmens jede Dienststelle ihre Fläche selbst gestalten kann. Damit ist sichergestellt, dass es Raum für die spezifischen Bedürfnisse gibt. Außerdem gehen wir davon aus, dass künftig mehr MitarbeiterInnen im Homeoffice arbeiten werden und nicht mehr die ganze Zeit am Büroarbeitsplatz im Amtsgebäude verbringen.

Sebastian Huber, Salzburg Landesamtsdirektor

 

Um die Kommunikation geht es beim „Team der BotschafterInnen“ aus 10 verschiedenen Abteilungen, das alles, was das Büro betrifft, intensiv mitdiskutiert und -entwickelt. Darüber hinaus gibt es das größere "Team der GestalterInnen“, das eine wichtige Rolle als Soundingboard einnimmt. In Learning Journeys konnten die Teammitglieder neue Formen des Arbeitens kennenlernen und Bürokonzepte für Verwaltung in anderen Kommunen erkunden. Dieser intensive Prozess brachte ihnen zahlreiche neue Erkenntnisse, die sie als MultiplikatorInnen an die gesamte Belegschaft weitertragen.

Ein weiteres Team widmet sich dem Spezialthema „Bürgerservice“, wo in Zukunft die Beratungsleistungen des Landes gebündelt und von den Bürostrukturen getrennt werden sollen, was einen komplexen Organisationsentwicklungsprozess nötig macht. Das im Team erarbeitete Zukunftsszenario floss ebenso wie Bürokonzept und Sonderflächen in die Ausschreibung ein.

Miroboard im digitalen Moodboard Workshop © M.O.O.CON

Digitales Moodboard, die Reise geht weiter

Ebenfalls Teil des Architekturbriefings war das Ergebnis unseres Moodboard-Workshops, an dem über 100 Personen teilgenommen hatten. Aufgrund der Corona-Situation war dieses Format zum ersten Mal gänzlich digital durchgeführt worden und hatte dennoch zu einem optimalen Ergebnis geführt. Mit der individuell erarbeiteten Bild- und Wortwelt wurden Kultur, Identität und Werte der Landesverwaltung anschaulich gemacht.

Das finale Ergebnis der Moodboard Workshops © M.O.O.CON

 

Sabine Zinke, M.O.O.CON Projektleiterin

Wir haben uns von Anbeginn für ein sehr transparentes Vorgehen entschieden, denn die frühe Einbindung der zukünftigen NutzerInnen ist unabdingbar für das Gelingen eines solchen Projekts. Etwaige skeptische Reaktionen versuchen wir mit intensiver Kommunikation mitzunehmen und aufzulösen.

Interne und externe Kommunikation

Kommunikation steht an oberster Stelle in einem Prozess dieser Größenordnung – nach innen wie nach außen. Deshalb haben wir bereits Ende 2020 für die zukünftigen NutzerInnen des LDZ eine Intranet-Kommunikation zum Projekt aufgebaut, die mit Videos und Artikeln transparente Information bietet. Auch die offizielle Online-Kommunikation von Seiten des Landes wird von uns mitbetreut. All diese Maßnahmen bereiten den Boden für den Change Prozess, wobei das gemeinsame Erarbeiten und die Einbindung aller Dienststellen im Vordergrund stehen.

Vorfreude und heiße Eisen

Wir werden nicht jeder und jedem ein Einzelbüro bieten. Aber alle, die hochkonzentriert arbeiten müssen, werden das tun können.

Thomas Smogawetz

 

Rund 1.200 Personen werden nach dem 2026 geplanten Einzug ihren neuen Arbeitsplatz im LDZ finden und die Annehmlichkeiten einer zeitgemäßen Arbeitswelt nutzen. Die Neuerungen im Verwaltungsprozess, ebenso wie die Umstellung vom gewohnten Zellenbüro auf die neue offenere, aktivitätsbasierte Büroumgebung, braucht Diskussion und Dialog. Es wird jedoch für alle MitarbeiterInnen weiter einen persönlichen Arbeitsplatz geben. Ein heißes Thema sind auch die Parkplätze. Dank des fortschrittlichen Nachhaltigkeitskonzeptes im LDZ wird es in Zukunft mehr Fahrradstellplätze als solche für PKWs geben. Die gute öffentliche Anbindung kommt der Umwelt zugute, braucht aber ebenso Raum für Kommunikation.

Finetuning mit Wettbewerbssieger - Bedarfsplanung als permanenter Soll-Ist-Abgleich

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Planungswettbewerbs, der Prämierung des Siegerprojektes von Burtscher-Durig, geht die Bedarfsplanung in die nächste Stufe. Anhand des Entwurfs wird gemeinsam diskutiert, was funktioniert und so umgesetzt werden kann und was noch Finetunings bedarf. Große Flexibilität gibt es noch bei den Büroflächen, wo die zukünftigen NutzerInnen experimentieren können – Testkits und Visualisierungstool stehen hier zur Verfügung.

Am Anfang haben wir in einem intensiven Prozess schon die Grundlagen für unser Bürokonzept gemeinsam erarbeitet, jetzt geht es in eine spannende Phase, wo es für jede Dienststelle ums Planen ihrer eigenen Bürowelt geht. Das ist eine große Aufgabe, bietet aber auch großen Gestaltungsraum im Planungsprozess. Mit einer Vielzahl an Modulen können Büroflächen, die an Tätigkeiten angepasst sind, gestaltet werden. Nicht eine zentrale Stelle plant, sondern die Dienststellen können – innerhalb von gewissen Spielregeln – ganz stark in die Gestaltung gehen.

Sebastian Rathner, Salzburg Projektleiter Organisationsentwicklung und Bürokonzept

 

Die einzelnen Dienststellen gestalten sich ihre Büroflächen selbst! Hier geht's zum Video.


Mit jedem Schritt Erarbeitungstiefe von Seiten der ArchitektInnen gehen wir auch in den Dialog mit den NutzerInnen. Diese intensive Einbindung ist unser Erfolgsrezept und garantiert die größtmögliche Akzeptanz für den Change Prozess. So stellt die Bedarfsplanung einen permanenten Soll-Ist-Abgleich dar und führt zur Bewusstseinsbildung, dass die formulierten Anforderungen auch tatsächlich umgesetzt werden.

Nutzung definieren für ein Haus, das noch nicht steht – Blindflug oder gemeinsame virtual reality?

Mehr als zwei Jahre lang wird hier intensiv über Bedarf und Funktion eines Gebäudes diskutiert, das noch nicht mal im Entwurf existiert. Das funktioniert? Ja, weil es die Möglichkeit gibt die zukünftige Arbeitswelt gemeinsam zu erarbeiten. Auch wenn das Funktionsschema ohne gestalterische Ausformulierung auskommt. Die große Herausforderung ist es, das Briefing so zu beschreiben, dass Laie und ArchitektIn damit umgehen können, und es als Basis für Lösungsfindung hinsichtlich baulich-technische Anforderungen dienen kann.

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