Die ÖBV ist eine unabhängige, österreichische Versicherung, die bereits 1895 gegründet wurde. Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit arbeitet bis heute eng mit Gewerkschaften, Personalvertretungen und Betriebsräten des öffentlichen Sektors in Österreich zusammen. Sie steht für Modernität mit Tradition, die Wert auf ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit, aber auch hohe Qualität legt.
2019 trat deren Projektleiter an uns mit dem Wunsch heran, die Sozialbereiche samt Teeküchen in einem der zwei Wiener Gebäude, die der Gesellschaft gehören und die Zentrale der ÖBV bilden, zu modernisieren. Nach einer ersten Machbarkeitsstudie kam man allerdings schnell zum Ergebnis, dass die ursprüngliche Idee zu kurz greift. Der Zustand des Gebäudes aus der Gründerzeit bedurfte einer Generalsanierung.
In Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Holzbauer & Partner wurden mehrere Varianten mit unterschiedlicher Eingriffstiefe in Konstruktion, Technik und Ausbau untersucht, um eine Generalsanierung und Adaptierung des Standortes Grillparzerstraße 11 und die Modernisierung des gegenüberliegenden Standortes Grillparzerstraße 14 zu realisieren.
Diese Ausgangssituation öffnete das Projekt auch dahingehend, ein neues, zeitgemäßes Bürokonzept umzusetzen und damit die Chance Abläufe zu optimieren und organisatorisch wie auch kulturell ein Zeichen von Zukunftsorientierung und Nachhaltigkeit nach innen und außen zu setzen. Denn um eine entsprechende unternehmerische Fitness zu gewahren, braucht es auch den passenden Raum zur Entwicklung. Für die Mitarbeiter:innen sollte nach der Sanierung und Modernisierung ein zukunftsfähiges Arbeitsumfeld entstehen, das Innovationen und Zusammenarbeit unterstützt und fördert. Die Begleitung dieser Prozesse gehört zu unserem Kerngeschäft. In enger Zusammenarbeit mit dem Führungsteam und nominierten Nutzervertreter:innen entwickelten wir in einem partizipativen Prozess aus unternehmensstrategischen Überlegungen zuerst Zielsetzungen (organisatorisch, sozial, kulturell und wirtschaftlich) für die Objektstrategie und setzten diese dann in Nutzungskonzepten um.
Die architektonische Planung erfolgte durch Holzbauer & Partner, ein Entwurf wurde freigegeben, die Ausschreibung war angelaufen, Generalunternehmer:innen ausgesucht… und dann kam Corona.
Diese Veränderung brach über eine Planung herein, die eigentlich schon im Gange war. Aber noch wusste man weder, wie man während einer Pandemie eine Baustelle betreibt, noch wie gut und nachhaltig das Arbeiten von zuhause aus funktionieren könnte. Doch mit etwas Weitblick und dem Willen zur Veränderung war der ÖBV klar: durch das Homeoffice wird sich das Bürokonzept ändern und dadurch auch die Auslastung beider Gebäude.
Das Projekt musste sich aber nicht nur anpassen, es durfte auch nicht an Qualität einbüßen. So musste die Nutzung der Gebäude kurzfristig (schon wieder) von Grund auf neu gedacht werden. Das sogenannte 11er Haus wurde von jeher zur Gänze von der ÖBV genutzt, während das zweite Gebäude, das 14er Haus, teils fremd vermietet wurde. Durch die erwarteten Verschiebungen der Arbeitsplatznutzung wurden nun alle Mitarbeitenden in das erste Haus transferiert und die Nutzung des zweiten Gebäudes von einer 60-prozentigen Auslastung auf 10 Prozent reduziert.
Zur innenarchitektonischen Ausgestaltung der neuen Arbeitswelt wurde das Designbüro Schönstil ins Projekt involviert. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: moderne Elemente fügen sich nahtlos in den architektonischen Altbestand ein. Auf Basis unserer Bedarfsplanung wurden Büro- und Kommunikationszonen, Ruhezonen und Besprechungsräume geschaffen, die sich an die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen anpassen.
Im Zuge der Konsolidierung der Büroflächen wanderte auch die hauseigene Kunstsammlung der ÖBV von einem Haus zum anderen. Die Werke verteilen sich heute über sämtliche Büroräumlichkeiten und sind durch die bedachte Kuration von Jaqueline Chanton in den umgebauten Räumlichkeiten nun viel besser für alle Mitarbeiter:innen erfahrbar.
Ein Gebäude neu zu denken, heißt den Bedarf zu hinterfragen und entsprechend zu adaptieren. Der Bedarf an Bürofläche der ÖBV hat sich durch die nachhaltige Integration von Homeoffice verkleinert. Ein großer Teil der vorhandenen Fläche wird heute anderweitig genutzt und vermietet, die tatsächlichen Büroflächen selbst wurden dem Bedarf angepasst und reduziert.
Mit dieser Optimierung der Fläche leistet das Unternehmen also einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Klimawende. Denn: Bereits gebaute und genutzte Fläche löst keine neuen CO2-Emissionen aus. Die bereits im 19. Jahrhundert in das Bauwerk gesteckte Energie bleibt, wo sie ist. Der Energieverbrauch des Gebäudes wird durch die Sanierungsmaßnahmen außerdem sparsamer und damit umweltfreundlicher.
Die hier umgesetzte volle Reversibilität und Flexibilität – wie schon von M.O.O.CON Projektleiter Martin Honzig weiter oben angesprochen – führt zu einem höchst ästhetischen und nutzungsoffenen Gebäude, das auch weiteren Generationen noch eine qualitätsvolle Umgebung sein wird.
Der Standort ist mit seiner Lage im 1. Bezirk öffentlich sehr gut angebunden: Wer hier arbeitet ist nicht auf einen PKW als Transportmittel angewiesen.
Das 11er Haus bietet Raum für das Neue Arbeiten mit Desk Sharing Optionen genauso wie fixe Büroplätze für jene, deren Bedarf das besser entspricht; es punktet in Sachen Innovation und Nachhaltigkeit, aber bis zu seiner Umsetzung mussten einige Hürden bewältigt werden. Die gesamte Organisation musste für zwei Jahre in ein Interimsquartier umziehen und wurde dann auch noch von einer Pandemie überrascht. Und dennoch ist es geglückt, sowohl die Ziele des Zeitrahmens als auch des Budgets einzuhalten und darauf darf man, neben dem geglückten Endprodukt, stolz sein.