23.1.2020

Neue Wege in der Ortskern- und Standortentwicklung

Früher waren Ortskerne belebt. Geschäfte, Serviceeinrichtungen, Schulen und der eine oder andere Handwerksbetrieb sorgten für Leben auf den Straßen. In vielen Gemeinden gehört dieses Bild der Vergangenheit an. Wie schafft man es heute die Bereiche Arbeiten, Wohnen, Bildung, Handel und soziales Leben wieder enger miteinander zu verbinden?

Durch das Wegfallen von kleinen Handwerksbetrieben und das Aufkommen verschiedenster Onlinedienste, die analoge Servicestellen und Geschäfte oftmals obsolet machen, stehen Gebäude im Ortskern zunehmend leer. In stadtnahen oder verkehrstechnisch günstig gelegenen Gemeinden entstehen rund um die Ortskerne vermehrt Wohnsiedlungen. Pendlerströme und die Versiegelung von Grund und Boden nehmen zu. Die Auswirkungen von Digitalisierung, Globalisierung, Mobilität und anderen Megatrends treffen ländliche Regionen also bereits unmittelbar.

Viele Gemeinden starten daher Initiativen, um das Ortszentrum wieder zu beleben. Es entstehen Kaffeehäuser, Kulturstätten, Nahversorgerprojekte, etc. Leider schließen sie auch oft wieder, weil ein nachhaltiges Konzept fehlt.

Martin Kaltenbrunner, M.O.O.CON Senior Consultant

Wir binden in unseren Projekten immer alle Stakeholder ein. Entscheidungsträgerinnen und -träger, die offen für eine partizipative Herangehensweise sind, haben Erfolg. Denn nur so kann eine nachhaltige Initiative entstehen.

So entstehen wirksame Initiativen

Die strategische Ausrichtung und die regionalen Einflussfaktoren liefern die Basis für die Erarbeitung neuer Nutzungskonzepte. Anforderungen und Bedürfnisse können so frühzeitig erhoben und in den Planungen berücksichtigt werden. Mobilitätskonzepte, die Verkehrsplanung und die Anbindung der bestehenden Infrastruktur ist dabei immer miteinzubeziehen.

Am Beginn eines solchen Projekts zur Ortskernbelebung müssen die Grundlagen zu verfügbaren Grundstücken, deren Widmung, Bestandsbebauung und bereits in Planung befindliche Projekte erhoben werden. Ein Blick auf nicht realisierte Projektideen der Vergangenheit, statistische Daten, die Zielsetzung der Gemeinde ist ebenfalls aufschlussreich. Die Zusammenstellung einer Projektgruppe, die traditionelle Werte und zukünftige Chancen auf Basis der erhobenen Daten in Verbindung bringen kann, um ein ganzheitliches Konzept zu erarbeiten - ist der nächste Schritt.

Digitalisierung ist eine Chance für Gemeinden

Die Digitalisierung, die zum Teil dazu beigetragen hat Ortskerne auszudünnen, kann einen Gegentrend auslösen. Denn: Die sogenannte „Wissensarbeit“ gewinnt immer mehr an Bedeutung. Viele Unternehmen erkennen das und verändern ihre Struktur in Richtung agiler, orts- und zeitunabhängiger Arbeitsweisen. „Arbeit“ wird also auch wieder vermehrt dort wo man wohnt möglich. Hier entsteht aktuell durch die Akzeptanz neuer Lebens- und Arbeitsmodelle in der Wirtschaft ein Riesenpotenzial an der Nahtstelle zwischen Betrieben und Gemeinden. 

Um den regionalen Bedarf zielgerichtet und nachhaltig erfassen zu können, ist die Bildung einer interessierten und gestaltungswilligen Community essenziell.

Unsere Kundenprojekte zeigen wie es gehen kann

Arbeiten, leben, wohnen im Quartier A

© Quartier A

Alle aktuell erfolgreichen Projekte vereint diese wesentliche Komponente. Am Beispiel der Entwicklung des Quartier A in Amstetten zeigt sich, dass sich durch die Möglichkeit der Mitgestaltung eine Gruppe gefunden hat, die das zukünftige Arbeiten, Wohnen und Leben in diesem Quartier gestalten will. Der Verein „Werkstatt A“ bildet die entsprechende Interessensplattform.

So wurden bereits Flächen der ÖBB angemietet, um einen Coworking- und einen Maker-Space zu verwirklichen. Aus dieser Plattform sind unterschiedlichste Initiativen entstanden: Es finden beispielsweise regelmäßige Programmierer-Stammtische mit ca. 80 TeilnehmerInnen oder Coding-Contests für SchülerInnen und Studierende aus der Region statt. Es wird bereits eifrig am Masterplan für die Erweiterungsflächen im Areal gearbeitet. Er bildet die Basis für die bald folgende Bebauung.

Linz: Tabakfabrik wurde Zentrum für Kreativwirtschaft

© Gerhard Gruber

Wie sich eine solche Community im Betrieb weiterentwickeln kann, zeigt die Tabakfabrik in Linz. In dem 2009 von der Stadt Linz angekauften Areal hat sich eine Innovationsökologie und ein Zentrum für Kreativwirtschaft, Digitalisierung und Start-ups entwickelt, in dem aktuell 1.700 Personen aus 250 Organisationen Zugang zu einem Arbeitsplatz haben. Am letzten Tag der Zigarettenproduktion in der ehemaligen „Tschickbude“ waren es bloß 284.

Der Entwicklungsprozess in Hürm

In einem etwas kleineren Maßstab läuft dieser Entwicklungsprozess, unter der Leitung des Bürgermeisters, in der Marktgemeinde Hürm ab, wo nach einem von uns geführten Leitbildprozess alle Beteiligten in die Planung eingebunden wurden. Neben der Gemeinde selbst, der Pfarre, dem Nahversorger, einem Wohnbauträger und den Vereinen im Ort, haben auch VerkehrsplanerInnen und ArchitektInnen bei der Erstellung des Masterplans mitgewirkt.

Die Ergebnisse wurden im Rahmen einer BürgerInnenversammlung bereits in der Konzeptphase vorgestellt, um weitere Verbesserungen zu diskutieren. Aktuell werden die ersten Projekte realisiert – weitere befinden sich gemäß dem vereinbarten Konzept in der Planungsphase.

Martin Kaltenbrunner, M.O.O.CON Senior Consultant

Die Unterstützung solcher Prozesse heißt auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Sie machen zur Sicherung von Standorten und Lebensqualität absolut Sinn. Die Nachnutzung vorhandener Infrastrukturen wirkt auch der fortschreitenden Bodenversiegelung entgegen.

Ortszentren durch kollaborative Arbeitswelten wiederbeleben

Kollaborativ genutzte Räume wie Coworking- und Maker-Spaces und multifunktionale Räume können einen entscheidenden Mehrwert für Gemeinden schaffen. Einerseits werden Gebäude in Ortszentren tagsüber wieder sinnvoll genutzt, andererseits entsteht für Erwerbstätige die Möglichkeit in einer Bürogemeinschaft zumindest tageweise in der Nähe des Wohnorts zu arbeiten.

Der Schlüssel für die sinnvolle Gestaltung ist u.a. ein guter Breitbandanschluss. Das Pendler- / Verkehrsaufkommen kann reduziert und die aufgewendete Zeit für „Arbeit“ durch die Wegeinsparung effektiver genutzt werden.

Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Potenzial, möglichen Synergien und dem Bedarf der zukünftigen NutzerInnen lässt sich viel gewinnen. Und das Risiko der Gemeinden für die Entwicklung einer entsprechend nachhaltigen Strategie ist überschaubar.

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