Mein Magen knurrt, ich habe einfach völlig aufs Essen vergessen, so vertieft war ich in die Quartalsplanung. Mit einem leicht unterzuckerten Kribbeln im Körper, gehe ich zum Verkaufsautomaten, um mir ein paar Snacks als Notversorgung zu besorgen. Ich höre bereits von weitem, dass im Pausenraum, wo auch mein Retter der neonbeleuchtete Snackprovider steht, gerade eine Partie Tischfußball läuft. Das Stimmgewirr schwillt zu einem berauschten Grölen an – es muss wohl ein Tor gefallen sein. Als ich durch die offene Türe trete, bietet mir Martha ihren Platz am Spieltisch an, sie müsse ohnehin gleich in ein Meeting. Aber ich habe heute keine Lust.
Nach einer Runde Spinning im Fitnessraum könnte ich sicher wieder konzentrierter an der Quartalsplanung weiterarbeiten, ich lehne also dankend ab. Während ich von meinem Powerriegel abbeiße, schaue ich amüsiert der Partie zu. Man kann so viele Eigenheiten der spielenden Kolleg:innen beobachten. Ich spüle den letzten Riegelrest mit einem Schluck kühler Limo hinunter – das habe ich wirklich gebraucht. Dann winke ich in die Runde und hole mein Trainingsgewand. Im Sportraum läuft richtige Power-Musik. Jetzt mal abschalten und ordentlich in die Pedale treten, bis das Glücksgefühl reinkickt und dann mein Kopf wieder besser arbeiten kann.
Es ist Donnerstag und der Foodtruck steht für gewöhnlich im Park vor unserem Office – die Sommergerichte sind einfach phänomenal. Ich bin zwar heute noch nicht so richtig in meinen Arbeitsflow gekommen, aber wenn der Appetit sich einmal meldet, muss einfach Pause sein. Ich stopfe das Sonnenbrillenetui in meinen Beutel und gehe los, kehre dann auf halbem Weg wieder eilig um. Ich hatte doch neulich in unserem Schrank für Freizeitausrüstung eine Frisbeescheibe erspäht, kann nicht schaden sie mitzunehmen.
Erkan reicht mir die Bowl mit einem Zwinkern und ich lasse mich mit einem zufriedenen Seufzer ins Gras fallen. Nach dem Essen zücke ich die Frisbeescheibe: „Na Leute, wer ist für eine Runde sportlichen Kaffeeersatz zu haben?“ Bingo! Es war nicht schwer die Crew zu überreden. Barfüßig fegen wir unsere Runs über die Wiese und passen einander lachend die Scheibe zu. Ausgelassen setze ich mich zurück in die Design Area, die wir uns eigens für diese Projektetappe eingerichtet haben. Ich bastle in einem konzentrierten Durchlauf den Entwurf für unser Animationsmodell zu Ende. Unglaublich, was Spaß und Bewegung an Kreativität in mir freisetzen können. So macht mir Arbeit dann am meisten Freude.
Seit heute Früh ist richtig viel weitergegangen. Ich blicke zufrieden auf die Auftragsmappe – sie ist bald durchgeackert. Unschlüssig überlege ich: Weitermachen und früher nachhause gehen oder doch lieber Pause, aber dafür länger im Büro bleiben?
Mein Blick schweift dabei von meinem, mit Post-its bespickten PC-Monitor zum Familienporträt, das ich im letzten Sommerurlaub gemacht habe. So ein gelungener Schnappschuss. Ach was solls, ein bisschen Abwechslung schadet nicht, vielleicht hat Bernadette ja auch gerade Lust auf einen Kaffee. Ich hieve mich aus meinem Schreibtischsessel und mein Ischias meldet sich sofort. Eindeutig zu lange gesessen, hätte ich bloß die Physioübungen gemacht.
In der Teeküche bereite ich zwei Tassen Kaffee vor, und wir stellen uns zum Stehtisch. Meine Kollegin macht die Tür zu damit wir ungestört plaudern können. Die verblassenden Spuren allerlei aufgewärmter Mittagsspeisen liegen in der Luft. Ich unterhalte mich recht gerne mit Bernadette. Manchmal reden wir über Persönliches, aber sie kriegt auch viele Interna mit, die wir dann gemeinsam versuchen einzuordnen. Diesmal scheint es in der Chefetage ruhig zu sein, deswegen reden wir über Urlaubspläne. Die Pausenzeit vergeht wie im Flug. Ich sollte jetzt schleunigst an den Schreibtisch zurück sonst kommt vielleicht mein Chef vorbei und sieht uns beim Tratschen – das würde wohl nicht so gut ankommen.
Wir stecken gerade mitten im Brainstorming, Senna geht angeregt im Raum herum. Ich spüre wie mir mein Nacken etwas zu schaffen macht, vielleicht ist die Couch heute doch nicht die ideale Sitzgelegenheit für mich? Ich stehe auf und mache ein paar Dehnungsübungen. Es tut gut ein bisschen in Bewegung zu sein, während ich den Ausführungen von Kim zuhöre, die unseren Diskussionsstand zusammenfasst. Wir sind im Prozess vorangekommen und haben zwei solide Entwurfsvarianten für die Pumpe erarbeitet. Weil die klimatischen Bedingungen am Zielort aber sehr extrem und wechselhaft sind, und sich diese auch weiter verschärfen werden, sind wir uns über die Antriebsquelle der Pumpe noch uneinig.
In der anschließenden Diskussion merke ich, dass wir uns in Detailaspekten verlieren und dass sich manche – inklusive mir selbst – mental ausklinken. Ich teile meine Einschätzung mit der Gruppe, um abzuchecken, was die Bedürfnislage ist. Es geht auch anderen so, und das Verlangen nach einer längeren Freestyle-Pause ist groß. Aber wir einigen uns darauf, davor zumindest die Vorgehensweise für den Nachmittag zu bestimmen. Um den Denkflow noch ein bisschen aufrecht zu halten und uns auch etwas Schönes zu gönnen, stehen wir für eine gemeinsame Atemübung auf. Ich glaube, ich werde mich danach kurz hinlegen, bevor es am Nachmittag mit den Kleingruppen losgeht. Wir wollen dann unsere Meinungsverschiedenheiten produktiv nutzen, um die Pros und Contras zu jeder vorgeschlagenen Antriebsquelle zu sammeln.
Wie unterschiedlich Pausenkultur gelebt wird, unterstreicht die verschiedenen Selbstverständnisse der vier porträtierten Arbeitswelten.